Einen schönen Sonntag euch allen!
Mann, ich vermisse Grenhorn. Hoffentlich nimmt er sich nur eine Forum-Auszeit und es ist nix Schlimmes.
Zu eurer Kurzweil stelle ich euch heute mein ältestes Schätzchen vor.
Eine Steinschlossbüchse aus Hanau (bei Frankfurt/Main), signiert mit Wienecke A Hanau. Vom gleichen Büchsenmacher sind im Deutschen Historischen Museum in Berlin fünf Langwaffen vorhanden, die ich mir geren mal ansehen würde. Im Stöckl ist Meister Wienecke als tätig zwischen 1700 und 1730 beschrieben. Die Büchse ist also sehr alt, dürfte eher an 1700 dran sein als an 1730. Der Lauf könnte durchaus noch älter sein, muss aber nicht. Er ist auf der Unterseite mit eine Schere gepunzt. Die Scherenmarke ist seit 1635 bekannt. Sehr interessant!
Das Gewehr hat einen schön gemaserten Nussbaumschaft, kein Spitzröhrchen sondern nur ein Ladstockröhrchen. Wahrscheinlich ist der konische Ladestock nachgefertigt, dir Spitze ist es definitif. Ich habe die aus Mammut-Elfenbein gedreht und pasend gefärbt.
Technische Daten: Gesamtlänge 104 cm, Lauflänge knapp 68 cm, Kaliber .58 (ungefähr), Gewicht knapp 3 Kilo.
Die Büchse its restauriert. Der Vorderschaft war gebrochen und wurde sachrecht instand gesetzt. Als ich die Büchse bekam, war das originale Zündloch zugeschweißt und ein neues Zündloch weiter unten war gebohrt worden. Deshalb musste der Lauf höher gesetzt werden, als Unterlage fand ich eine zusammen gefaltete Bibelseite (aus der Offenbahrung des Johannes), um den Lauf zu unterfüttern.
Leider habe ich das Stück papier so gut verstaut, dass ich es nicht mehr finde.
Der Lauf wurde vom Fachmann restauriert, es wurde eine neue Schwanzschraube eingefügt unter Verwendung der originalen Schwanzschraubenfahne, das Zündloch an der originalen Stelle gebohrt und die fehlende Laufbesfestigung angebracht. Perfekt, keine Reparatur sichtbar. Es war mir lieber, die Büchse beschießen zu lassen, die Beschusszeichen sind sehr dezent auf der Unterseite schwach eingelasert
Witzige und interessante Details finden sich z. B. als Gravur auf der Schlossplatte. Ich mag den kleinen Teufel hinter dem Hahn und den feuer speienden Drachen unter der Pfanne. Interssant auch die beiden Schlaufen unter der Backe, wohl für eine Zündlochnadel (die ist allerdings nicht original vorhanden und wurde durch ein passendes Exemplar ersetzt. Hab ich so an deutlich späteren amerikanischen Longrifles gesehen, aber bislang nicht an europäischen Büchsen.
Auf dem Schwanzschraubenblatt ist eine 2 eingarviert, Nr. 2 einen Paares? Ich gehe davon aus, das die Gravur zwischen Schwanzschraubenblatt und Laufwurzel keine 1 darstellen soll, sondern eine Markierung ist, wie die beiden Teile zueinander gehören (?). Auf der geschmiedeten Schaftkappe mit deutlich ausgformter "Beule" oben ist eine 20 eingraviert, eventuell eine Registriernummer?
Alles funktioniert tadellos, von einer etwas schachen Batteriefeder mal abgesehen, der Nadelstecher löst sauber und trocken aus. Macht immer wieder Spaß.
Die Büchse ist insgesamt in einem sehr guten Zustand, es gibt keinen Rost (mehr) und im Holz auch keine Wurmlöcher. Für gut 300 Jahre ein ausgezeichneter Zustand!
Genießt die Bilder:
20220502_154053.jpg 20220502_154102.jpg 20220502_154142.jpg
20220502_154202.jpg 20220502_154223.jpg 20220502_154730.jpg
20220502_154803.jpg 20220502_154904.jpg 20220502_154939.jpg
Lederstrumpf