- Offizieller Beitrag
Diesmal eine wirklich altehrwürdige Rifle.
Was man ihr - obwohl mittlerweile keine Schönheit mehr, auch ansieht.
Keine der berühmten Pennsylvania Schulen, dafür eine der wenigen
berühmten Virginia Rifles. Möglicherweise die älteste erhaltene
Longrifle überhaupt.
Diese Büchse sah bereits den French and Indian War (1754 - 1763, in Europa
der 7Jährige Krieg) in dem die Briten die Franzosen aus dem Gebiet der heutigen
USA vertrieben. Jener Krieg, der in Nordamerika das Verhältnis zwischen den
Eingeborenen und den Weißen Kolonisten endgültig und dauerhaft auf eine
negative Schiene brachte. Die Stämme der Natives kämpften abhängig von
ihren bevorzugten Handelspartnern auf einer Seite der Kontrahenden, für den
Skalp eines Gegners - auch Zivilisten, Frauen, Kinder - erhielten sie die selbe
Bezahlung wie für ein Biberfell.
Nicht genug damit, zwar hatte man noch keine Ahnung von biologischer Kriegsführung, was die
Briten aber nicht hinderte, Decken von Opfern der damals grassierenden Pocken zu sammeln und
an gegnerische Stämme der Natives zu verkaufen. Was einige der Stämme komplett ausrottete,
die Seuche war zuvor in der Neuen Welt nie aufgetreten, entsprechend hatte niemand Abwehrstoffe.
Das Gewehr ist unsigniert, es zeigt den damals üblichen Mix aus deutschen und britischen Stilmerkmalen.
Man ist sich heute ziemlich einig, dass es in Augusta County/Virginia entstanden ist, vermutlich gebaut von dem
dort seit spätestens 1739 ansässigen Büchsenmacher John Hannah, "Blacksmith, Whitesmith, Silversmith
and Gunsmith". Ab 1754 bildete Hannah dort auch Lehrlinge aus.
Die Büchse hat ein für Longrifles außergewöhnlich großes Kaliber von .62", was in der
Zeit noch recht verbreitet war, allerdings gab es erst wenige gezogene Gewehre.
Die schlanken Rifles mit Kalibern unter .50" kamen erst ab ca. 1770 in Mode.
Überlieferungen sagen, dass damals rund 350 Grain Pulver hinter die Kugel
gesetzt wurden, was mir zwar etwas heftig erscheint, aber wer weiß.
Die Qualität des importierten Pulvers war ja auch nicht die Allerbeste...
Dass die Büchse kein Wallhanger war sondern in ihrer Zeit einiges erlebt hat, sieht man ihr
an. Einige der Reparaturen sind nahezu so alt wie die Büchse selbst, somit ein typisches
Exemplar der "Wenn die erzählen könnte - Gattung".
Die Architektur ist weitestgehend britisch, allerdings mit der von Jägerbüchsen bekannten
Gleitbox, der flachen und verstärkten Kolben-Unterseite, dem Ansatz einer Backe, und eben
dem gezogenen Lauf mit vollständigem Visier. Jim Chambers bietet ein vergleichbares Gewehr
als Bausatz an, wer Virginia Rifles den PA Rifles vorzieht, kann also... .
Das Gewehr stammt aus dem Nachlass von Dr. George Shumway, einem der - wenn nicht dem - maßgeblichsten
Forscher der Longrifle Geschichte, der neben seinen eigenen Büchern auch einen eigenen Verlag für
verschiedenste Autoren zum Thema schuf.
besten Gruß
Werner