Kopfbedeckung im kolonialen Amerika und inden Jahren bis zum Bürgerkrieg

  • Jede kennt das Aussehen eines Trappers, Mountain Man oder Cowboys. Zumindest meint man es zu kennen. In den Filmen hat man es doch oft genug gesehen, und auch auf den Fotos, und gemalten Bildern gibt es genügend Darstellungen.

    Biberpelzmütze oder breitrandiger Hut, in der Kolonialzeit ein Dreispitz. Das sind ja die gängigen Klischees. Aber wie sah die alltägliche Kopfbedeckung der Farmer, Siedler und Frontiersmen wirklich aus?

    In Europa trugen die einfachen Bauern im Alltag eigentlich nur eine wärmende Kopfbedeckung, eine Kappe aus Wollfilz oder gestrickt, braun, grau oder schwarz. Barhäuptig hat man sich eigentlich nicht im Freien sehen lassen.

    Klar, dass man sich von der europäischen Mode beeinflussen hat lassen, aber das war doch eher etwas für den Sonntagsstaat. Die Mitglieder religiöser Gemeinschaften, oder auch von Gruppen aus bestimmten Herkunftsregionen hielten sicher auch an der hergebrachten Tracht fest. Oder kleideten sich in eine Art "Räuberzivil", so wie man es auf den Fotos von Outlaws sehen kann. Ich würde mal vermuten, die Einwanderer haben sich in den Siedlungsgebieten nicht viel anders gekleidet, wie sie es in der Heimat gewohnt waren.

    Weswegen diese Frage? Falls ich mal bei einem Reenactment mitmachen wollte, wäre für mich die Kleidung eines einfachen Farmers, Arbeiters oder Siedlers interessant.

    Wer kennt sich mit der Kleidung im kolonialen Amerika oder im frühen 19, Jahrhundert aus, oder kann mir Literaturtips geben?

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    In meinen Beiträgen verwende ich bewusst Satire, Ironie, Sarkasmus und Übertreibungen, um zu verdeutlichen. Auch ohne Kennzeichnung dieser Stilelemente sollte sich der Leser dessen bewusst sein.

    Meine Finger sind einfach nicht für eine Wischtelefontastatur geeignet :(

  • Naja.... so einfach ist das nicht.

    Solltest dich schon entscheiden, ob Du die Kolonialzeit (bis 1777 in den USA) oder das frühe 19. Jahrhundert meinst..

    Anyway, hier mal was generells zu beidem:

    KOLONIALZEIT:

    Ich habe keine Referenzen speziell für Landwirte, aber es gibt viele, die darauf hindeuten, dass entweder Hosen oder Kniehosen für die Dienerschaft üblich waren, häufig sogar beides.

    1740, Lehrling: Er trug einen Mantel und eine Jacke aus Kersey, mit Messingknöpfen, und lederne Reithosen, frisch gewaschen, mit einer Hose darüber; einen guten Hut und Strümpfe und Schuhe;

    1750, Diener: ... hat bei sich ein feines weißes Hemd, Hirschlederhosen , neue ozenbrigs trowsers , alte karierte trowsers , und feine weiße trowsers , Schuhe, und Messingschnallen;

    1751, Diener: eine blaue doppelreihige Jacke, ein Paar karierte Petticoat-Pullover , ein Paar Ozenbrigs-Pullover , und ein Paar lange, enge Pullover , und neue Lederhosen;

    1753, Diener: nahm mit sich: eine graue Friesenjacke, eine dunkle Stoffhose, einen Filzhut, gute Schuhe, verschiedene Arten von Strümpfen und Leinenpantoffeln

    ein anderer Diener, gleicher Gegenstand: Filzhut, leinene Reithose, Hirschlederhose und gute Schuhe.

    ein anderer Diener, gleiche Ware: grüne Jacke, braune Stoffhosen, leinene Reithose, Filzhut, verschiedene Arten von Strümpfen und gute Schuhe.

    ein anderer Diener, gleiche Position: Hemden und Strümpfe, schwarze Zottelhosen, leinene Hosen und gute Pumps.

    1795, Lehrling: trug einen Londoner braunen Mantel, eine dicke Jacke, helle Tuch-Pullover und einen halb abgetragenen Wollhut, und nahm einen getrübten Nankeen-Mantel und Pullover mit.

    1796, Diener: Er nahm mit sich ... zwei Werg- und Flachshemden und vier Paar Hosen, ein Paar neue Nankeen-Pullover, die an den Knöcheln gebunden sind, mit einem Riß im oberen Teil des Oberschenkels, und eine Weste von demselben, buff Farbe, ein Paar gestreifte laugenfarbige Flaggen-Pullover,

    Und aus _The Conquest of the Old Southwest, Archibald Henderson, der einen britischen Reisenden zitiert, der die Hinterwäldler von Carolina in der Zeit des Rev. War beschreibt, die möglicherweise Grenzbauern waren:

    "Manchmal tragen sie lederne Reithosen, die aus von Indianern zugerichteten Elch- oder Hirschhäuten gemacht sind, aber häufiger sind es dünne Hosen."

    19. Jahrhundert:

    Wir hier machen uns oft eine falsche Vorstellung von dem was "in 1860" (oder???) in den USA getragen wurde.
    Das war weder allgemein gültig noch liesse sich daraus ein "Standard" ableiten.

    Klamotten, Schuhwerk und Hüte wurden "der Region"oder "der Aufgabe" entsprechend getragen.
    Im Westen meist völlig anders als im Osten.

    Farmer (und wohl auch viele andere Menschen) trugen - wie fast alle die kein Geld zu verschenken hatten - hangenähte Kleidung.
    JA sicher gab es Nähmaschinen, doch Kleidung die so hergestellt wurde und meist via Versanhandel bestellt werden konnte, musste man sich erst leisten können. Eine LEVIS rivet Waistoveral kostete bein Abercrombie & Fitch damals und 50 cent - das war ne Menge Zeugs für eine "Arbeitshose".

    Vieles an Kleidung und auch ggf. Ausrüstung stammte noch von den Vorfahren die aus aller Herrenländer zusammen kamen.

    Die USA in dieser Zeit nach dem Louisina Handel waren ein rauhes Land wenn es um Besiedelung, und Erschließung ging. Ich häng die mal ein paar wahllos herausgegriffene Bilder aus meinem Archiv dran...

    hemd.jpg

    Dieses Bild spiegelt die 1850er Jahre wieder.

    C001.jpg

    Eine völlig andere Gegend, eine andere Zeit und ein anderer Beruf. 1870 Jahre, (wahsch. Texas).
    1890er.jpg

    Späte 1890er Jahre, wenn nicht sogar nach 1900.

    ABER alles das sind EINZELAUFNAHMEN - daraus lässt sich kein Standard ableiten.

    Hier gibts ein relativ gute Buch zum Thema Bilder, sogar in Farbe:

    https://www.amazon.de/Wild-West-Colo…n/dp/0785838805

    Ebenso unterschiedlich waren Ausrüstung, Bewaffnung, Tool, etc.
    Und NEIN, Winchesters in den 1870er waren zwar das begehrteste Gut, aber auch das was am WENIGSTEN verkauft wurde -> zu teuer! Ebenso wie der SAA, oder ein S&W American...

    Am Ende der 1870er Jahre wird realistischer Weise das hier Teil einer Ausrüstung eines Cowboys gewesen sein.

    ikes-gear-large-hell.jpg
    (1862er Peabody Carbine, COLT 1872 Open Top, York Knife, Rawhide Larriat, Buerman Spurs "Moon & Stars" - und sorry, die Wasserflasche ist eine Repro - Sammlung Ike Godsey)

    In den meisten Fällen haben sich Leute die eine Fram irgendwo in den Plains aufgrund de Homestead Act (1863) ansiedelten, und so der eigenen Armut in den Städten entkommen wollten, vorher keine großen Gedanken darüber gemacht, welchen Gefahren, Mühen md Strapazen, Krankeiten, Seuchen, Plagen etc. sie ausgesetz sein werden.
    Viele 1000 Menschen verloren ihr Leben und noch viel mehr kehrten auf halbem Wege um - wieder andere gaben nach ein paar harten Wintern auf.

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    Ike Godsey

    --- Just a grumpy old man with a gun ---

  • Vielen Dank, Ike Godsey

    In Europa trugen die (armen) Bauern oft solche Kappen (Tuch, Filz oder gestrickt) , wie man sie seit Urzeiten kennt. Die gestrickten Mützen, aber ohne Pommel, dienten auch als Kopfbedeckung. Wie gesagt. Man ging nicht barhäuptig auf die Straße.

    Die gestrickte Kappe war ja noch bis in die 1960er Jahre hier in unserer Gegend nicht nur eine Kopfbedeckung für Kinder.

    Ist irgendwo dokumentiert, ob solche Kopfbedeckungen auch in den Siedlungsgebieten der Deutschen in den USA in Gebrauch waren?

    Gerade die Alltagskleidung war ja nicht so sehr der Mode unterworfen. Man hat halt genommen, was tauglich war. Zu den Fotos ist zu sagen, dass es wohl meistens so war, dass man sich die besseren Sachen angezogen hat, wenn mal ein Photograph da war.

    Kann man sich vorstellen, dass solch eine Kappe auch in den USA getragen wurde?

    https://www.mittelalter.net/mittelalter-fi…ilz--04653.html

    pasted-from-clipboard.png

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  • Genau so einen Hinweis hab ich gesucht. :thumbup::thumbup: Diese Kappen aus der Frühzeit und dem Mittelalter haben sich also in Variationen lange gehalten.

    Ich hab so ähnliche Kappen auch noch bei Spenglern und Schmieden in Gebrauch gesehen. Da waren sie allerdings aus Leder.


    Und hier (http://www.marariley.net/patterns/Monmouth%20Cap.pdf) gibt es einen Hinweis, dass diese Art Kappen in Jamestown oder der

    Massachusetts Bay colony getragen wurde, und auch von George Washington für seine Sklaven bestellt wurde.

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    Einmal editiert, zuletzt von Schwarzer Mann (5. April 2021 um 14:53)

  • Solche "Kappen" gibts bis heute:
    Schau mal in eBay - da findest ddu tausende - musst nur aufs Material achten - REINE WOLLE und HANDGEMACHT!

    ABER or dem Hochmittelalter gabs keinen Strick - also wäre da zu einer Filzkappe zu raten.
    Im 18. Jahrhundert kannte man zwar Stricken, aber Häckeln war noch nicht so weit verbreitet.

    Erst aus dem frühen 19. Jahrhundert stammen die ersten nachweislichen schriftlichen Häkelmuster. In gedruckter Form erschienen die Anleitungen im Jahr 1820 in einer holländischen Zeitung. Deshalb liegt für einige Historiker die Wiege des Häkelns erst um 1800, wodurch es eine viel jüngere Technik als das Stricken wäre, das bereits ab dem 13. Jahrhundert praktiziert wurde. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts diente das Häkeln hauptsächlich dazu, Spitze schneller herstellen zu können. Es war ein klassisches Symbol für die Mittelklasse, weshalb es in den Salons der Elite nicht akzeptiert wurde.


    Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Häkeln gesellschaftlich akzeptiert. In der Zeit von 1910 bis 1920 wurde deshalb eine Vielzahl von Büchern mit verschiedenen Häkelmustern aufgelegt. Von nun an wurde von jeder Frau erwartet, dass sie die Technik des Häkelns beherrschte. Und dies ganz unabhängig davon, welcher Klasse der Gesellschaft sie angehörte. In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts ging das Interesse am Häkeln wieder zurück. Grund hierfür war die Mode, die einfachere Formen annahm. So wurde in dieser Zeit vorwiegend Baby- und Kinderkleidung gehäkelt. Während des zweiten Weltkrieges verlegten sich die meisten Frauen auf das Stricken, da hierfür weniger Wolle benötigt wird als für das Häkeln. Interessant ist, dass bis heute keine Häkelmaschine erfunden wurde. Das bedeutet, dass das Häkeln nach wie vor in echter Handarbeit, ohne Zuhilfenahme von Maschinen oder technischen Geräten, geschieht.

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    Ike Godsey

    --- Just a grumpy old man with a gun ---

    • Offizieller Beitrag

    Die Art der Kolonialen Kopfbedeckungen drüben ist - wie heute immer noch - auch abhängig davon, bei welcher Gelegenheit sie getragen wurde. Bei "öffentlichen" Anlässen waren es tatsächlich sehr "breitkrempige" Hüte die zum Dreispitz oder Zweispitz verformt worden waren, mitunter auch nur an einer Seite hochgebogen.

    Am Feld trug der Farmer - auch wetterabhängig - garnichts, oder die von Ike erwähnten Monmouth Caps, oder auch nur ein Tuch, mit einem Stück Schnur als "Stirnband" gehalten. Fellmützen traten sowohl bei Farmern als auch in Siedlungen praktisch nicht in Erscheinung. Ansonsten war man flexibel, und nahm, was man gerade bekommen konnte. selbst Zylinder-ähnliche Hüte, oftmals oben breiter als an der Krempe, - etc. .

    Es gab 'mal eigene Bücher zum Thema, aktuell finde ich aber keines mehr.

    besten Gruß

    Werner

    Wären Feuerwaffen verantwortlich für Gewalt und Leid, hätten die Menschen vor dem 13. Jahrhundert friedlich und glücklich gelebt.

    Das alte Testament als vielleicht bedeutendstes religiöses Werk der Geschichte erzählt schon auf der zweiten von rund eintausend Seiten die Legende vom ersten Mord der Menschheit. Keine Tat einer Waffe, sondern eine des menschlichen Charakters.

    Frieden braucht keine Waffenverbote, Frieden benötigt die Beherrschung des - jeweils eigenen - Charakters.

    Einmal editiert, zuletzt von Greenhorn (5. April 2021 um 16:48)

  • Ike hat wie so oft recht. Die Kopfbedeckungen waren regional, epochal und je nach Personengruppe sehr unterschiedlich. Mode spielte auch auch eine Rolle, oder sogar eine politische oder religiöse Botschaft wie bei der "Liberty Cap" der amerikanischen Rebellen oder beim fast identischen "Bonnet Rouge" in der französichen Revolution. Überhaupt war die rote Zipfelmütze in der zweiten Hälfte des 18ten Jahrhunderts sehr beliebt. War auch eine beliebte Kofbedeckung der kanadischen Voyageurs:

    things1-descending-the-fraser--banner.jpg

    Mir hat man mal erzählt, dass der Zipfel der Mütze links getragen werden muss, wegen der Verwendung im Anschlag der Steinschlossbüchse/-flinte. Rechts würde der Zipfel stören bzw. könnte durch das Pfannefeuer beschädigt werden. Ich habe das immer beherzigt, weiß aber nicht, ob das einen historischen Hintergrund hat.

    018_15.jpg

    Lederstrumpf

  • Mir hat man mal erzählt, dass der Zipfel der Mütze links getragen werden muss, wegen der Verwendung im Anschlag der Steinschlossbüchse/-flinte. Rechts würde der Zipfel stören bzw. könnte durch das Pfannefeuer beschädigt werden. Ich habe das immer beherzigt, weiß aber nicht, ob das einen historischen Hintergrund hat.

    Kann sein, kann auch nicht sein.
    Zivile haben geschossen wie sie wollten Rechts oder eben Links von dem her würde es Sinn machen, die Bommel (die leicht Funken fängt) auf der jeweils anderen Seite zu tragen

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    Ike Godsey

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  • Aber Ike, wir sind uns schon einig, dass "knitting wool" gestrickte Wolle und nicht gehäkelt bedeutet, oder?

    Ja schon, worum gehts dir?

    Ich schrieb doch klar:

    ABER vor dem Hochmittelalter gabs keinen Strick - also wäre da zu einer Filzkappe zu raten.
    Im 18. Jahrhundert kannte man zwar Stricken, aber Häckeln war noch nicht so weit verbreitet.

    Deine Abbildungen stammen aus dem 18. Jahrhundert (die Encyclopedia ist übrigens ein tolles Buch!!) und belegen meine Aussage. Somit weiß ich nicht wirklich was du grad möchtest - HELP!!! :think::think::think:

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    Ike Godsey

    --- Just a grumpy old man with a gun ---

  • Ja schon, worum gehts dir?

    Ich schrieb doch klar:

    Deine Abbildungen stammen aus dem 18. Jahrhundert (die Encyclopedia ist übrigens ein tolles Buch!!) und belegen meine Aussage. Somit weiß ich nicht wirklich was du grad möchtest - HELP!!!

    Gar nicht so wichtig, Ike. Das fiel mir auf. Mir ging es nur um die Unterscheidung der Handarbeitstechniken. Du schriebst in deinem Posting #7 ständig vom Häkeln. Bei Kopfbedeckungen ging es aber um gestrickte Wolle. Laut meiner Frau bestehen zwischen Häkeln und Stricken entscheidende Unterschiede. Thats all!

    Lederstrumpf

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