- Offizieller Beitrag
ist eines der ersten Counties, das für seine Longrifles bekannt wurde.
Dennoch ist es - entgegen den allgemeinen Gepflogenheiten - nicht wirklich berechtigt, von einer
Berks County Schule zu sprechen.
Ursache: es gab einfach zu viele Büchsenmacher-Zentren, entsprechend zu viele voneinander unabhängige Stilrichtungen.
Angefangen hat alles in Reading, mit Büchsenmachern wie Wolfgang Hachen oder John Schreit, die bereits in den 1750er
Jahren Longrifles fertigten.
Beide hatten zeitlebens großen Einfluss auf die Büchsenmacher ihrer Region, ihre Arbeiten galten
als vorbildlich, und wurden daher auch zum Vorbild. Aber Reading war eben "nur" Bezirkshauptstadt,
die Gegebenheiten der Zeit verlangten auch in den anderen Teilen Readings aktive Büchsenmacher,
beispielsweise in den Blue Mountains, wo z.B: die Angstadt Familie oder Joseph Neff und Stophil Long
aktiv waren.
Oder Tulpehocken mit Büchsenmachern wie John Bonewitz, oder Andrew Fighthorn, Leonard Reedy, Anthony Fricker, um nur ein
paar zu nennen.
Auch die Büchsenmacher aus dem Oley Valley, wie Henry Mauger, Michael Aldenderfler,
John Derr, von denen einer für das gezeigte Gewehr verantwortlich sein muss, sind zu beachten.
Last not Least die Schuylkill -Büchsenmacher wie John Shof und Samuel Pannabbecker .
Ihr könnt also erahnen, dass der Sammelbegriff "Berks County Rifle" der Komplexität des
Themas nicht ganz gerecht wird.
Wann genau dieses Gewehr entstand, ist unklar, aber die Vermutung, dass dies
in der Zeitspanne zwischen 1775 und 1790 geschah kann man mit einiger Sicherheit
als gegeben betrachten. Denn die Signatur auf dem Thumb Piece, "ATL" ist ziemlich
sicher Antony Lee zuzuordnen, Mitglied einer frühen und damals wichtigen Familie
im Oley Valley, und damals wohl Käufer dieses Gewehrs.
Es handelt sich um eine sehr schön gefertigte Smoothrifle. Eine Gebrauchswaffe, vermutlich
hauptsächlich für die Jagd gedacht. Nur wenig verziert, aber so hochwertig gefertigt, dass selbst
die Beize und das Schaftöl heute noch vorhanden sind, - nur wenig nachgedunkelt. Was bei einem
wohl 250 Jahre altem Gebrauchsgegenstand doch bemerkenswert ist.
Der runde glatte Lauf des Gewehrs ist 48.5" lang, also knapp über 123cm, und
im Kaliber .54" gebohrt. Durch den glatten Lauf sowie dem Verzicht auf eine Backe sowie
eine aufgesetzte Kimme, und dem Abzugsrahmen ohne Griffschiene kommt das Gewehr
einer Flinte näher als einer typischen Smoothrifle, allerding ist die Wandung des Laufs
so stark, dass mit dem Gewehr wohl hauptsächlich gepflasterte Kugeln verschossen wurden,
und Metall-Patchboxes waren an echten Flinten damals nicht gefragt. Diese Details lassen eher
auf 1775 als auf 1790 schließen.
Nachdem im Oley Valley sowohl deutschstämmige als auch englischstämmige Büchsenmacher arbeiteten,
würde ich auf einen der letzteren als Urheber dieses Stücks tippen. Dass das Gewehr unsigniert ist, deutet auch
auf ein frühes Entstehungsdatum hin: Nicht autorisierte Waffenschmiede wurden von den britischen Kolonialherren
noch hingerichtet. 1790 existierte dieses Problem nicht mehr.
Wenn man bedenkt, was dieses Gewehr wohl gesehen hat, und es heute noch in schusstauglichem Zustand ist,
darf man sich über so manche Gänsehaut nicht wundern.
besten Gruß
Werner