Alte Dame!

  • ... aber immerhin weiß man, dass es gut 250 Jahre alt ist, und im amerikanischen Bürgerkrieg mit dabei war.

    Ich vermute, Du meinst den Unabhängigkeitskrieg.

    Ansonsten ist die Waffe nachträglich verändert worden, denn die Bajonetthalterung rechts am Lauf (in Mündungsnähe) wurde entfernt. Solche nachträglichen Veränderungen waren aber bei ehemaligen Militärwaffen, die zivil weiter verwendet wurden, durchaus üblich.

  • Noch eine Ergänzung: Die Büchse hat optisch große Ähnlichkeit mit einer Altpreußischen Jäger-Korpsbüchse. Bis auf den Ladestock (den ich so nicht für original halte) passt da sehr vieles. Die Büchse hatte auch eine Bajonetthalterung und keinen Stecher. 1789 war angeordnet worden, dass die Büchsen keinen Stecher haben sollten. 1801 wurde da noch einmal wiederholt und auch die in den Arsenalen lagernden Büchsen entsprechend geändert.

    Die Schlosse der Büchsen tragen die Beschriftung "POTZDAMMAGAZ".

  • Schloss, Schlossgegenplate und Abzugbügel deuten auf eine Hessische Jägerbüchse hin.wie sie fr die Hessischen Jäger, aus Hessen- Kassel, Hessen- Darmstadt und Bayreuth für den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, in der Manufaktur in Schmalkalden hergestellt wurden, allerdings hatten diese Büchsen alle einen Stecher.

  • Schloss, Schlossgegenplate und Abzugbügel deuten auf eine Hessische Jägerbüchse hin.wie sie fr die Hessischen Jäger, aus Hessen- Kassel, Hessen- Darmstadt und Bayreuth für den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, in der Manufaktur in Schmalkalden hergestellt wurden, allerdings hatten diese Büchsen alle einen Stecher.

    Auf dem Schloss steht deutlich "POTSDAM...", was nicht auf Schmalkhalden hinweist. Die Form des Abzugsbügels war so in Preußen vor 1811 auch üblich. Erst ab 1811 (mit der Korpsbüchse 1811) änderte sich das.

    Die von Greenhorn vorgestellte Büchse sieht für mich immer noch wie eine zwischen 1796 und 1810 in der Gewehrfabrik Potsdam hergestellte und durch Entfernen der Bajonetthalterung nachträglich veränderte preußische Jägerbüchse aus. Wie gesagt, der Ladestock passt dazu nicht; ich glaube aber nicht, dass dieser Ladestock original zur Büchse gehört. Ein Ladestock, der sich nicht vollständig einschieben lässt und dessen Kopf deutlich vor der Mündung steht, ist irgendwie "nicht ganz koscher".

  • Ich teile diese "Spekulation" voll und das bereits seit ich die ersten der Bilder gesehen habe !

    Abgesehen der von Dir erwähnten Einzelheiten - aber bei aller Liebe zur Ausdauer mancher Schäfte, wo man oft erstaunlich Altes erstaunlich gut erhalten vorfindet,

    aber

    ein Schaft einer reinen Gebrauchswaffe, der um die 250 Jahre auf dem Buckel und mindestens einen Krieg mitgemacht hat,

    also

    der sieht m.E. nicht SO aus, wie der hier aussieht . . .

    ::dry::

    Ich überlege noch, wie ich es besser zum Ausdruck bringen könnte, daß ich zwar mit vielen Leuten hier dasselbe Hobby teile -

    aber ganz sicher nicht die Meinungen und Sichtweisen zu anderen Dingen.

  • Die Büchse entspricht in der "Metallware" sehr genau der im DWJ 9/2007 beschriebenen Hessen-Hanauischen Jägerbüchse. Der Ladestock ist nicht original, der hat so auzusehen:

    Ladestock.jpg

    Das fehlende Daumenblech, einige fehlende oder anders ausgeführte Schnitzereien und die Ausführung in amerikanischer Walnuss (dieser Erkenntnis schließe ich mich an) spricht für eine Neuschäftung. Die Verwendung des preußischen Schlosses ist nicht verwunderlich. Zugekaufte Teile oder gar die Bestellung ganzer Büchsen in Preußen sind wahrscheinlich.

    Die Büchsen, die auf hessischer Seite im Unabhängigkeitskrieg verwendet wurden, hatten keine Vorrichtung zum Aufpflanzen eines Hirschfängers oder Bajonetts. Das kam erst Ende des 18ten Jahrunderts auf und fand seine Verbreitung erst in den Befreiungskriegen.

    Insgeamt kämpften in Amerika ca 20000 Hessen auf britischer Seite, davon ca 1800 Jäger (es war also durchaus mehr als ein Regiment, alleine Hessen Hanau stellte 1777 vier Regimenter a 100 Mann) . Truppen kamen aus Hessen-Darmstadt, Hessen-Hanua, Hessen-Nassau, Hessen-Kassel, Ansbach-Beyreuth und nicht zuletzt aus Braunschweig.

    Der Sold der Jäger war höher als der der Infanterie, Desertationen und Überläufer sind hier ausgesprochen selten. Bei der Infanterie war das durchaus anders. Die Herren dieser Einhiten wurden schon beim Rekrutieren anders behandelt als die Jäger und hatten es manchmal wirklich nicht leicht. Bei Infanterie und Jägern gab es, was den Respekt vor der Person betrifft, durchaus eklatante Unterschiede, was sich in der Motivation des Einzelnen durchaus widerspiegelt.

    Zurück zur Büchse,

    ich möchte davon ausgehen, dass das gezeigte Gewehr ein Beutestück ist. Es gibt einige Originalstücke in amerikanischen Sammlungen, im West-Point-Museum z. B. befindet sich eine Büchse mit der Signatur "FL" für Friedrich II. Landgraf von Hessen-Kassel.

    Lederstrumpf

  • Möglich ist vieles. Aber wenn mich nicht alles täuscht, hatte die hessische Jägerbüchse einen Stecher. Den hat diese Büchse nicht, und es sieht auch nicht so aus, als wenn er nachträglich entfernt wurde. Der Ladestock jedenfalls ist mit einiger Sicherheit von einer Baker-Rifle.
    Ich würde trotz allem eher hier eine neu geschäftete (ehemalige) preußische Büchse zu sehen. Die Art, den Lauf mit Keilen ohne Metallumfassung zu befestigen, war auch in Preußen üblich.

    Was mir aber auffällt: Die Schwanzschraube zeigt ein deutlich anderes Korrosionsmuster als der Lauf. Das kommt mir irgendwie komisch vor.

  • Möglich ist vieles. Aber wenn mich nicht alles täuscht, hatte die hessische Jägerbüchse einen Stecher.

    Nein, Sammler, kann man so nicht sagen. Zunächst mal ist es so, dass es "die hessische Jägerbüchse" gar nicht gibt. Hessen war im 18ten Jahrhundert wie so viele heutige Bundesländer in ungalublich viele Kleinstaaten zerteilt. Teils mit eigener Währung, eigenen Grenzen etc. und auch oft eigener Vorstellung der Bewaffnung für die Einheiten.

    Bei den Jägern kam noch dazu, dass sich in den Angfangsjahren der Subsidienleistungen die Jägereinheiten vorwiegend aus Leuten rekrutierten, die im Dienst des Landesherrn tatsächlich im Forstdienst tätig waren. Diese Männer hatten eigene Büchsen und Seitenwaffen. Gerade diese Männer waren gesucht, sie waren geschickt im Pirschen, konnten das Gelände lesen und zur Deckung ausnutzen, Fährten gut lesen und waren im Umgang mit der Büchse geübt. Ideale Voraussetzungen für den mlitärischen Einsatz als Kundschafter, Späher, Flankensicherer und Scharfschützen. Später wurden diese (Spezialisten) dann knapp und auch die Bewaffnung derselben ein Problem. Viele Jäger, die dann nach Amerika geschickt wurden, hatten nicht einmal eine Büchse, sondern wurden mit Musketen losgeschickt. Man ließ bei größeren Büchsenbetrieben arbeiten, in Hanau z. B. bei A. Albrecht und A. Schwalbach, Wienecke oder Stöhr. Gekauft wurden auch größere Koningente an Büchsen von Pistor in Schmalkalden. Keiner dieser Hersteller lieferte immer identische Büchsen, es gab zwar einen Anforderungskatalog aber keine detailgenauen Vorgaben. So unterscheiden sich die Büchsen der Hersteller doch beträchtlich. Glück für den Sammler, auch eine unbeschriftete Büchse lässt sich oft gut einer bestimmten Werkstatt zuordnen.

    Die Büchsen, die Eigentum des Jägers waren, hatten oft einen Stecher. Der ist beim ruhigen Schuss auf das Wild von großem Vorteil. Bei den fürs Militär explizit beschaftten Büchsen wurden viele aus Kostengründen ohne Stecher ausgeliefert. Eigentlich würde ich sagen, überwiegten die "stecherlosen Büchsen," aber das ist nur eine Vermutung. Aufzeichnungen gibt es darüber nicht. Realstücke zeigen allerdings viele Jägerbüchsen ohne Stecher.

    Aber auch viele private Jagdbüchsen hatten einen Direktabzug und keinen Stecher. Ich habe eine Büchse aus Bamberg um 1750, die hat einen Direktabzug. Der ist allerdings so fein, dass ich den Stecher nie vermisst habe. Allerdings muss ich zugeben, auch mit dieser Büchse nie auf Wild geschossen zu haben :/

    Lederstrumpf

  • Nachtrag:

    hier ein (zugegeben sehr schlechtes) Bild einer originalen Hessen-Hanauischen Jägerbüchse. Gefertigt von Andreas Schwalbach (1750 erwähnt) in Hanau. Auf dem Daumenblech das Monogramm WL für Wilhelm Landgraf.

    Jetzt vergleichen wir doch mal die von Werner gezeigte Büchse mit dieser hier. Und finden wir doch mal die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede heraus. Unter Berücksichtigung der ziemlich sicheren Neuschäftung und des falschen Ladestocks von "Werners Büchse".

    Jaeger01.jpg

    Wilhelm (Landgraf von Hessen-Hanau) war übrigens ein Sohn des Hessen-Kasselschen Landgrafen Friedich II, der wiederum hat trotz seines Namens nichts mit dem preußischen König zu tun, außer dass er (der hessische Friedrich) den Subsidienhandel massiv betrieb, sehr zum Missfallen seines Namensvetters, dem preußischen König Friedrich II. Aber das nur am Rande.

  • ...Jagdbüchsen aus der Steinschloss-Ära finde, deren Mündung für die Aufnahme

    eines Bayonetts "umgebaut" wurde. Sieht irgendwie pervers aus, wenn man eine Büchse mit schönem

    8kantigen geschweiften Lauf hat, und die 5cm vor der Mündung sind zylindrisch gerundet.

    Klingt österreichisch. Jägerbüchsen aus Deutschland hatten (wenn sie denn hatten) statt dessen einen Bajonetthaken, auf den (im Fall der Fälle) der Hirschfänger aufgeschoben wurde.

    Ist auf dem kleinen Bild hier schön zu sehen.pasted-from-clipboard.png

  • Bild einer originalen Hessen-Hanauischen Jägerbüchse. Gefertigt von Andreas Schwalbach (1750 erwähnt) in Hanau.

    Stimmt alles, allerdings hatte diese Büchse kein mit "Potzdam" beschriftetes Schloss. Die Beschriftung der Schlossplatte (mit den Strichen) ist so erst deutlich nach 1750 üblich gewesen.
    Möglicherweise ist die oben gezeigte Büchse auch ein "Sohn vieler Väter" und der unbekannte Schäfter hat Teile unterschiedlicher Waffen zu einer neuen (funktionsfähigen) Büchse kombiniert.

    Aber ich denke, wir werden das hier nicht aufklären können. Und falls wir uns irgendwann mal sehen sollten, lade ich Dich auf ein Bier zum Fachsimpeln ein. :drink:

  • Stimmt alles, allerdings hatte diese Büchse kein mit "Potzdam" beschriftetes Schloss. Die Beschriftung der Schlossplatte (mit den Strichen) ist so erst deutlich nach 1750 üblich gewesen.
    Möglicherweise ist die oben gezeigte Büchse auch ein "Sohn vieler Väter" und der unbekannte Schäfter hat Teile unterschiedlicher Waffen zu einer neuen (funktionsfähigen) Büchse kombiniert.

    Aber ich denke, wir werden das hier nicht aufklären können. Und falls wir uns irgendwann mal sehen sollten, lade ich Dich auf ein Bier zum Fachsimpeln ein. :drink:

    Sehr einverstanden, Sammler, vor allem mit den Angebot zum Bier!!

    Ja, das Potzdam-Schloss. Deine Theorie kann wirklich stimmen mit dem "Sohn vieler Väter". Auf jeden Fall scheint das Schloss tatsächlich recht spät gefertigt zu sein. Es ist kein Hersteller vermerkt und für eine frühere preußische Ordonanzwaffe müsste wohl POTZDAMMAGGAZ graviert sein.

    Je genauer ich mir das Schloss anschaue, desto mehr suspekt (oder heisst es suspekter?) kommt es mir vor. Die Schlossplatte hinten sieht aus wie von einer billigen indischen Kopie, der Hahn hat eine völlig falsche Form. Ich muss doch heute Abend mal den Wirtgen bemühen. Ich traue diesem Schloss nicht.

    Ist auf jeden Fall eine interessante und spannende Diskussion, macht Spaß

  • Ich überlege noch, wie ich es besser zum Ausdruck bringen könnte, daß ich zwar mit vielen Leuten hier dasselbe Hobby teile -

    aber ganz sicher nicht die Meinungen und Sichtweisen zu anderen Dingen.

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